Entstehen von Urlaubsansprüchen während Zeiten der Kurzarbeit

Nachdem viele Unternehmen Kurzarbeit, zum Teil sogar Kurzarbeit Null, angeordnet haben, stellt sich vermehrt die Frage, welche Auswirkungen die Einführung von Kurzarbeit auf den Urlaubsanspruch der betroffenen Arbeitnehmer hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bisher noch nicht die Gelegenheit, über entsprechende Fallkonstellationen zu entscheiden.
Vor diesem Hintergrund weist der ZDH auf Folgendes hin:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 8. November 2012 (Az.: C-229/11) festgestellt, dass Urlaubsansprüche nur dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht hat. Konkret ging es in dem Vorabentscheidungsverfahren um die Frage, ob während der angeordneten Kurzarbeit der bezahlte Jahresurlaub pro rata temporis angepasst werden kann und der Kurzarbeiter während der Kurzarbeit nur einen entsprechend geringeren Urlaubsanspruch erwirbt.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat sich mit Urteil vom 30. August 2017 (Az.: 5 Sa 626/17) ebenfalls mit dem Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit Null auseinandergesetzt. Dabei geht es im Einklagt mit dem EuGH davon aus, dass der Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit Null wie bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis pro rata temporis zu berechnen ist.

In der juristischen Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass Urlaub in Zeiten der Kurzarbeit analog den Regelungen zur Teilzeit zu behandeln ist (so z. B. Gallner in ErfK, 20. Aufl. 2020, BUrlG, § 3 Rn. 21 - 23). Auch weitere Stimmen in der Literatur kommen zu dem gleichen Ergebnis: So ist etwa Prof. Bayreuther der Ansicht, dass eine Kürzung von Urlaubsansprüchen in Betracht kommt, wenn man davon ausgeht, dass die Beschäftigten keinen Urlaubsanspruch erwerben, solange die Arbeitspflicht vollständig ruht (vgl. DB 2012, 2748). Bayreuther führt dazu aus, dass der Urlaubsanspruch eines Teilzeitbeschäftigten pro rata temporis an die Zahl seiner Arbeitstage anzupassen sei. Dies gelte auch, wenn im Betrieb tageweise Kurzarbeit eingeführt werde. Während der Kurzarbeit seien die Beschäftigten so behandelt, als wenn sie aus einem Vollzeit- in ein entsprechendes Teilzeitarbeitsverhältnis gewechselt wären. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch Prof. Schubert (vgl. NZA 2013, 1105).

Im Gleichklang mit dem o. g. EuGH-Urteil geht der ZDH davon aus, dass Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit nur entstehen können, wenn diese tatsächlich auch eine Arbeitsleistung erbracht haben. Der Urlaubsanspruch vermindert sich bei Kurzarbeit folglich automatisch: Ist der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit mithin noch tage- oder wochenweise (Kurzarbeit Null) tätig, ist der Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit pro rata temporis an die Zahl der verbleibenden Arbeitstage anzupassen.

Es bietet sich an, dass der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmer über eine solche Kürzung – im Rahmen seiner nach Auffassung des EuGH und des BAG ohnehin bestehenden Pflicht zur Information und Aufforderung, den Urlaub zu nehmen – unterrichtet. (Quelle: ZDH)